Es ist erschreckend! Alle reden von Bio, aber der Großteil der deutschen Bevölkerung hat keinen Durchblick, wenn es um die entsprechenden Siegel auf den Produkten geht. Das musste ich leider vor einiger Zeit feststellen, als ich mir diverse Studien zu diesem Thema ansah. Das gilt zumindest oder vor allem, wenn es über das deutsche Biosiegel hinausgeht.
Schauen wir uns hierzu einfach mal eine Studie der Dr. Grieger & Cie. Markforschung aus Hamburg an, die im April 2015 eine Befragung zu diesem Thema durchgeführt hat.
Quelle: https://www.mymarktforschung.de/de/statistiken/item/studie-bekanntheit-bio-siegel.html
Während 94,2 Prozent der Befragten zumindest das deutsche Bio-Siegel kennen (was noch lange nicht heißt, dass sie es deuten können), sind es im Fall des europäischen Siegels lediglich 38,5 Prozent, denen das Siegel bekannt vorkommt.
Eine Studie (2012, n= 300) der Georg-August-Universität Göttingen untermauert dieses Bild:
„Unsere Studie zeigt, dass bisher nur das deutsche Bio-Siegel und das Fairtrade-Label beim Verbraucher wirklich bekannt sind und Vertrauen genießen“, so Prof. Achim Spiller, der Leiter der Studie. Immerhin 72 % der Verbraucher kennen das deutsche Bio-Siegel, 54 % vertrauen ihm. Im Vergleich dazu kennen nur 5 % der Konsumenten das neue und seit 2010 verpflichtende EU-Biosiegel.
Quelle: https://www.uni-goettingen.de/de/0042013-studie-der-universit%C3%A4t-g%C3%B6ttingen-zu-bekanntheit-und-vertrauen-in-nachhaltigkeitslabel/433300.html
Auch die folgende, in dieser Studie zu findende Illustration zeigt die fehlende Bekanntheit des EU-Bio-Siegels:
Quelle: https://www.uni-goettingen.de/de/studie-zu-bekanntheit-und-vertrauen-in-nachhaltigkeitslabel/430840.html
2010 führte auch die Universität Münster eine Befragung zu diesem Thema durch (n=1.930) und veröffentlicht im Management Summary der Studie:
„Das deutsche Bio-Siegel ist mit 90% das bekannteste Gütesiegel bei Lebensmitteln, gefolgt von der Stiftung Warentest (82%) […]“
Dass sich das deutsche Bio-Siegel größerer Bekanntheit erfreut und besser gedeutet werden kann, mag zum einen daran liegen, dass das deutsche Bio-Siegel bereits 2001 als freiwillige Kennzeichnung für Bio-Lebensmittel eingeführt wurde, während die Kennzeichnung von Bio-Produkten mit dem EU-Bio-Siegel erst seit 2012 verpflichtend ist. Zum anderen lehnt man sich in Zeiten, in denen die AfD in Mecklenburg-Vorpommern 20,8 Prozent erreicht wahrscheinlich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn man behauptet, dass der andere Grund vielleicht der Tatsache geschuldet ist, dass das Wort „Bio“ Bestandteil des Logos ist ;)
Weil beide Siegel exakt das Gleiche bedeuten, soll das deutsche Bio-Siegel eigentlich langfristig durch das EU-Siegel abgelöst werden. Schaut man sich die Ergebnisse der Studien an, ist das vielleicht nicht die beste Idee. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass viele Hersteller ihre Produkte derzeit mit beiden Siegeln kennzeichnen, obwohl die Kennzeichnung mit dem deutschen Bio-Siegel freiwillig ist.
Hinweis:
Das EU-Bio-Siegel bringt zumindest insofern einen deutlichen Fortschritt, als dass es eine verlässliche Orientierung gibt. Denn während Obst und Gemüse als lose Ware normalerweise von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen sind, sind eingeschweißte und damit verpackte Bio-Produkte, verpflichtend mit dem EU-Bio-Siegel zu kennzeichnen.
In Teil II meines Beitrags zeige ich Euch dann die verschiedenen Siegel mit den dahinterstehenden Regulierungen. Schaut also wieder vorbei!
Liebe Grüße & bleibt gesund,
Claudio